Mit Herz und Hand – die Bayerntour 2016

Organisiert vom Landesinnungsverband des Bayerischen Zimmererhandwerks

13 x durfte ich an bayerischen Mittelschulen Richtfest feiern und den Jugendlichen  Handwerk und ganz speziell den Beruf des Zimmerers näher bringen. Das Projekt ist sehr geglückt und bei den knapp 2.000 Schülerinnen und Schülern bestens angekommen. Einige hundert Einträge in mein Wanderbuch sprechen für sich. Ich habe viele hilfsbereite Jugendliche wahr genommen, die sich gut eine Stunde konzentrieren können. Das Handyverbot an bayerischen Schulen ist eine Wohltat.

Als Botschafter des Zimmererhandwerks ist man in manchen ländlichen Bereichen speziell im südlichen Bayern dem Paradies noch relativ nah. Hier wissen die jungen Leute was ein Zimmerer arbeitet, was sie mal werden wollen, oder zumindest, was sie interessiert. Zimmerer ist hier ein sehr angesehener Beruf.

Von diesem kleinen Paradieshügel geht es aber nach allen Seiten hin zum Teil steil bergab. Vom Süden zum Norden, Von Land zu Stadt und von Zimmerer zu vielen anderen Handwerksberufen. Und gar nicht weit entfernt glauben dann die jungen Menschen, dass ein Zimmerer wie ein Zimmermädchen Zimmer herrichtet. Ein Schulleiter in Nürnberg hat mir erzählt, dass er in seiner 40-jährigen Laufbahn noch nie einen Schüler hatte, der Maurer wurde, und dass für viele der CD-Verkäufer beim Karstadt das höchste Ziel wäre.

Mittlerweile beginnen ca 57 % eines Jahrgangs ein Studium. Mehr als die Hälfte aller Realschüler besuchen die Fachoberschule, und bis 2030 werden ca 3.000.000 qualifizierte Fachkräfte im nichtakademischen Bereich fehlen. Mir wurden diese Zahlen während der Tour übermittelt. Und noch eine Zahl. Mehr als ein Drittel aller Studienanfänger verlassen irgendwann die Universitäten ohne jeden Abschluss.

Die Vorstellungen gerade auch im Vergleich der Aufstiegs- und Verdienstmöglich-keiten im akademischen und im Dualen System sind völlig verzerrt und entsprechen nicht den Tatsachen. Ein Meister ist laut OSZE dem Bachelor gleich gestellt. Er wird aber im Schnitt aufs ganze Leben betrachtet deutlich mehr verdient haben. Und seine beruflichen Karrierechancen werden im Schnitt auch besser sein. Bei diesen hervorragenden Möglichkeiten gerade im Handwerk ist es doch völlig verwunderlich, dass Handwerk in der Lebensplanung der meisten jungen Menschen noch nicht einmal am Rande eine Rolle spielt. Die Chancen werden auch nicht gesehen.

Die Geschichte, die mich selbst während der Tour am meisten berührt hat kam von einer Lehrerin. Sie ist Schneidermeisterin und hatte sich während ihrer Lehrerausbildung einmal über eine Beurteilung beschwert. Daraufhin wurde ihr erklärt, dass sie mit ihrer Meistervorbildung niemals eine 1 bekommen könne. Das würde niedriger eingestuft. Das war bestimmt viele Jahre oder gar Jahrzehnte her. Die Ungerechtigkeit war dieser Frau aber noch deutlich anzumerken. Und so viel Menschenkenntnis traue ich mir zu: ihre Arbeiten waren ganz bestimmt die besten.

Handwerk muss sich noch mehr und selbstbewusster präsentieren, nach außen und nach innen. Das ist bei dieser Theatertour hervorragend gelungen. Ich bedanke mich bei allen, die sich dafür eingesetzt haben, speziell beim Landesinnungsverband und bei Herrn Gorchs, der die Tour hervorragend organisiert hat.

Richard Betz


Download (PDF)


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert